Falsche Botschaft


Weser-Kurier, 16.03.2016 (Kommentar Norbert Holst über die Atom-Verfassungsklage)

Teures Abenteuer  

 

„Viele Jahre lang haben die Konzerne mit ihren Atomkraftwerken satte Gewinne eingefahren, die Erforschung der Technologie wurde mit Milliardenbeträgen subventioniert.“

WDR, Aktuelle Stunde, 15.03.2016 (Bericht zum BVerfG)

„…nicht erwähnt wird, dass der Steuerzahler den Atomstrom mitfinanziert hat

Rhein-Neckar-Zeitung, 11.03.2016 (Interview mit Prof. Claudia Kemfert)

Offensichtlich nicht genug gelernt

„Atomenergie ist und bleibt teuer, das wusste man von Anfang an. Die Steuerzahler und Stromkunden haben die Atomindustrie seit Jahrzehnten finanziell massiv unterstützt, die Konzerne haben mit abgeschriebenen Atomkraftwerken viel Geld verdient. Diese teure Subvention heißt für die Konzerne jetzt eben, dass sie die Verantwortung für die Entsorgungskosten tragen. Das mag nach den süßen Subventionen der letzten Jahrzehnte jetzt bitter schmecken. Aber man darf nicht zulassen, dass sich die Konzerne vor den vereinbarten Zahlungen drücken und einen Großteil der Endrechnung an die Gesellschaft abschieben.“

Faktencheck: Falsch. Kernkraftwerke, die heute Strom erzeugen, wurden nicht staatlich subventioniert: weder im Betrieb, noch beim Abriss oder bei der Abfallentsorgung. Das haben verschiedene Bundesregierungen unmissverständlich bestätigt. Richtig ist, dass es für die friedliche Nutzung der Kernenergie in Deutschland in den 1950ern Jahren Anschubhilfen gegeben hat – die sind aber über Steuern, Beschäftigung und Wertschöpfung überkompensiert worden. Außerdem werden Grundlagenforschung und Pilotanlagen in nahezu allen Technologiebereichen staatlich gefördert. Dies allein bei der Kernenergie zu kritisieren, ist scheinheilig, zumal die Forschungsförderung bei der Kernenergie tatsächlich nur dem Anschub diente – wie es heute bei den erneuerbaren Energien über das EEG geschieht. Zur Einordnung der Größenordnung: Über das EEG wird bis 2020 bei der Photovoltaik ein Fördervolumen von bis zu 100 Mrd. Euro erreicht – für einen Marktanteil von maximal 6% am Stromverbrauch. Das Ganze wird finanziert durch den Stromverbraucher. Die Kernenergie liefert immer noch mehr als das Doppelte an Strom.

… und weiter in der Rhein-Neckar-Zeitung, 11.03.2016 (Interview mit Prof. Claudia Kemfert)
Da die geschätzten Kosten aller Voraussicht nach weit über den üblicherweise angenommenen Kosten der Atomkonzerne liegen werden, werden die eingeplanten Rückstellungen von 38 Milliarden Euro kaum ausreichen. Es geht ja nicht nur um den Rückbau, sondern auch um die Endlagerung des Atommülls. Da reden wir über Jahrhunderte!“

Faktencheck: Falsch. Dass die Unternehmen die Verantwortung für die Entsorgung tragen, ist – im Gegensatz zu der von Frau Kemfert immer wieder benutzten irrigen Unterstellung – nie in Abrede gestellt worden. Die hierzu gebildeten Rückstellungen sind angemessen und richtig. Das hat auch das vom Bundeswirtschaftsministerium in Auftrag gegebene Gutachten zur Höhe der Kernenergierückstellungen der vier deutschen Kernkraftwerksbetreiber (sogenannter Stresstest) ergeben. Nach Auffassung der Gutachter reicht das bilanzielle Reinvermögen der betroffenen Energieversorger aus, um die Verpflichtungen zum Rückbau der Kernkraftwerke und zur Entsorgung der radioaktiven Abfälle abzudecken. Den Unternehmen wird bescheinigt, dass sie die heute absehbar notwendigen Entsorgungsaufgaben vollständig abgebildet und die Rückstellungen rechnerisch korrekt ermittelt haben.